Wenn das Wasser steigt …
oder die Erde sich senkt
Hilfe für Hilfskräfte: Radarbilder von TerraSAR-X
© DLR
Hochwasser kann man aus dem All hervorragend erkennen – auf Radarbildern. Glatte Gewässer und überschwemmte Flächen erscheinen schlicht als schwarze Flächen. Der hochgenaue deutsche Radarsatellit TerraSAR-X kann daher die Ausdehnung eines Hochwassers auf den Meter genau erkennen. Er umkreist die Erde in 515 Kilometer Höhe. Wolken, Dunkelheit oder Regen beeinträchtigen seine Sicht (und die des Zwillingssatelliten TanDEM-X, der in geringem Abstand genau parallel fliegt) nicht: Radarwellen (hier im X-Band mit drei Zentimeter Wellenlänge) durchdringen nämlich auch Wolken und brauchen kein Licht.

Das Unsichtbare sichtbar machen
Mit Radarbildern wird mehr sichtbar, als das Auge sieht – denn Objekte reflektieren Radarwellen anders als Licht. Unabhängig von Wolken und Schatten wird nicht das optische Aussehen der Erde erfasst, sondern die Struktur und die Eigenschaften ihrer Oberfläche – eine Art „Bauplan“ der Erde, der laufend aktualisiert wird.

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Revolutionär: Mit den beiden Radarsatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X werden vertikale und horizontale Bewegungen der Oberfläche im Millimeterbereich aus dem All messbar. Für Forschende und Behörden eröffnen sich neue, innovative Forschungsmöglichkeiten und Anwendungen: im Katastrophen- und Umweltschutz oder um Menschen vor Gefahren durch einstürzende Gebäude zu warnen.
Mehr Sicherheit für Orte, an denen
Menschen leben und arbeiten
Hochgenaue 3D-Karte der Erde kommt aus Deutschland

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2018 veröffentlichte das DLR ein Höhenmodell der gesamten Erde mit 90 Metern Abtastung – frei für die wissenschaftliche Nutzung. Zusätzlich gibt es zum Beispiel genauere Modelle mit 30 und 12 Metern Abtastung.
Insgesamt arbeiten schon über 2.400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 70 verschiedenen Ländern mit den Radardaten von TanDEM-X und TerraSAR-X. Zugänglich sind die Daten via http://download.geoservice.dlr.de/TDM90/
Auch diese Welt-Waldkarte kommt aus Deutschland

© DLR

© Google Earth/DLR
Wie ist es weltweit um die Waldflächen bestellt? Das DLR macht es sichtbar. Mit einer konsistenten weltweiten Karte der Wälder, die erstmals einen einheitlichen Überblick liefert. Die globale TanDEM-X-Waldkarte mit 50 Metern Auflösung ist für die Wissenschaft frei verfügbar. Interferometrische Daten des globalen TanDEM-X-Höhenmodells, ausgewertet mit intelligenten Algorithmen, zeigen, wo Wald ist. Vergleicht man den Datensatz mit älteren oder neueren Daten, können damit Waldschäden, Kahlschlag und Verlust durch Naturkatastrophen weltweit sichtbar gemacht werden.

Radar: auf Flughäfen, im All und in Autos
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Ein Radargerät sendet elektromagnetische Wellen aus, diese treffen auf Objekte, werden mehr oder weniger stark reflektiert, und diese „Echos“ werden vom Radargerät wiederum empfangen. So werden – unabhängig von Beleuchtung oder Bewölkung – unter anderem Konturen sichtbar und die Distanz errechenbar (über die Zeit, die zwischen Senden und Empfangen vergeht). Radar wurde erstmals (und wird natürlich auch heute) eingesetzt, um Flugzeuge oder Schiffe zu orten, für die Wettervorhersage (Niederschlag, Wind, Wolken), heute findet es sich auch in immer mehr Autos (Abstandsradar) – und an Bord von Satelliten.
Die Wahl des Frequenzbereichs des Radarsenders bestimmt das Einsatzgebiet

© www.radartutorial.eu
X-Band: 9,6 Gigahertz, Wellenlänge 3,1 Zentimeter. Das ist der Bereich, den TerraSAR-X und TanDEM-X nutzen.

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L-Band: Wird unter anderem zur Luftraumüberwachung eingesetzt. Beim Tandem-L-Missionskonzept des DLR wird eine Wellenlänge von 23,6 Zentimetern genutzt. Zwei Radarsatelliten im L-Band sollen die Voraussetzungen für die tomografische Erfassung der dreidimensionalen Struktur von Vegetationsgebieten (zum Beispiel Waldhöhen) und Eisgebieten sowie die großflächige Vermessung von Deformationen mit Millimetergenauigkeit oder auch der Bodenfeuchte liefern – und damit zu einem besseren Verständnis des Systems Erde und seiner Dynamik beitragen. Ziel von Tandem-L ist es, die Landmasse der Erde, Wälder und Biomasse im Wochenrhythmus interferometrisch abzubilden. Erstmals soll es mit Tandem-L möglich sein, sieben essenzielle Klimavariablen im Rahmen einer Satellitenmission gleichzeitig zu messen. Tandem-L soll die weltweit erste Mission zur systematischen und hochaufgelösten Beobachtung von dynamischen Prozessen in der Bio-, Geo-, Kryo- sowie Hydrosphäre werden. Mehr als 80 Forschungsinstitute haben großes Interesse an der Nutzung der Tandem-L-Daten bekundet und sind Mitglied im Wissenschaftsteam von Tandem-L.

Tandem-L soll die systematische Beobachtung einer Vielzahl dynamischer Prozesse auf der Erdoberfläche ermöglichen. Durch Nutzung neuester Radartechniken können die hohen wissenschaftlichen Anforderungen an Beobachtungsfrequenz, Auflösung und Datenqualität in optimaler Weise erfüllt werden. © DLR
X- und L-Band im Vergleich

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Während Radarwellen im X-Band (wie bei TerraSAR-X/TanDEM-X) meist an der Oberfläche der Vegetationsdecke reflektiert werden, dringt das L-Band bis zum Boden vor. Nur Radarsysteme mit großer Wellenlänge (L-, noch besser P-Band) können die gesamte Vegetationsdecke durchdringen und somit Signale aus allen Bereichen der Vegetation empfangen, womit das Volumen und die Biomasse bestimmt werden können.
F-SAR: die Vorteile mehrerer Radarfrequenzbereiche nutzen

Waldgebiet Traunstein: F-SAR-Aufnahme © DLR
Jedes Radarfrequenzband hat seine Vorteile, und die lassen sich gemeinsam nutzen. Die Lösung: so viele Frequenzbänder wie gewünscht vom gleichen Satelliten (oder Forschungsflugzeug) aus senden und empfangen. Das bedeutet, dass mehrere Radargeräte an Bord sein müssen – und gerade das wird von Forschenden des DLR erprobt, wie hier im Bild an einem Wald bei Traunstein. Das F-SAR-System des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme erlaubt Messungen in mehreren Wellenlängen gleichzeitig. Um den oberen Bereich der Waldkrone abzutasten, werden Radarsensoren im C-Band und X-Band eingesetzt. Das L-Band hingegen dringt durch die Vegetation und gibt sozusagen den Blick frei auf den Waldboden. In nur einem Überflug kann das F-SAR so verschiedene Ebenen eines Gebiets erfassen – wie hier im Bild bei Traunstein.

© „ACC Sensor“ von Nozilla – eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons
W-Band: 75–100 Gigahertz. Autos haben immer öfter Radar an Bord, für die automatische Distanzregelung (ACC) und für Notbremsassistenten. Sie nutzen das W-Band (konkret: 77 Gigahertz), um die Umgebung zu scannen. Die Wellenlänge ist sehr kurz (um drei Millimeter), deshalb sind die Antennen sehr klein und passen zum Beispiel in den Kühlergrill eines Autos. Im Auto liegt die Reichweite bei maximal 150 Metern. Die unangenehme Radartechnik im Straßenverkehr – Blitzer – nutzt meistens das Ka-Band (26,5–40 Gigahertz) und das K-Band (18–26,5 Gigahertz).
TerraSAR-X – das deutsche Radarauge im All
Die Radarbilder, die hier bisher zu sehen waren, stammen von TerraSAR-X, einem 2007 gestarteten deutschen Erdbeobachtungssatelliten. Er macht mit einem X-Band-Radarsensor, der in verschiedenen Modi betrieben wird, Aufnahmen für Forschung und Entwicklung sowie für wissenschaftliche und kommerzielle Anwendungen. Der Satellit umrundet die Erde in einer Höhe von 514 Kilometern auf einer polaren Umlaufbahn. Mit seiner aktiven Antenne liefert er unabhängig von Wetterbedingungen, Wolkenbedeckung und Tageslicht Radardaten mit einer Auflösung von bis zu einem Meter.
TanDEM-X – die Erde in drei Dimensionen
Mit drei Jahren Abstand folgte TerraSAR-X dessen „Zwillingssatellit“ TanDEM-X. Beide fliegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt in Formation und ermöglichen so zeitgleiche Aufnahmen des Geländes aus verschiedenen Blickwinkeln. Daraus werden präzise Höheninformationen in einem 12-Meter-Raster und mit einer vertikalen Genauigkeit von unter zwei Metern abgeleitet.

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Das Ziel der Mission TanDEM-X (TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement) ist ein hochpräzises, dreidimensionales Abbild unserer Erde in einheitlicher Qualität und bislang unerreichter Genauigkeit. Dieses Ziel wurde erreicht. Für weite Teile der Erde existierten nur grobe, uneinheitliche oder lückenhafte Höhenmodelle aus unterschiedlichen Datenquellen und Erhebungsmethoden. TanDEM-X schließt diese Lücken und liefert ein homogenes Höhenmodell als unentbehrliche Grundlage für viele kommerzielle Anwendungen und wissenschaftliche Fragestellungen.
TerraSAR-X & TanDEM-X Science Service: Daten für die Wissenschaft weltweit

Klimawandel erforschen: Permafrost-Überwachung des Lena-Deltas in Sibirien.
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TerraSAR-X und TanDEM-X werden im Auftrag des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz realisiert. Es sind die ersten deutschen Satelliten, die im Rahmen einer sogenannten Public-private-Partnership (PPP) zwischen DLR und Airbus Defence and Space realisiert wurden: Die Nutzung der Daten für wissenschaftliche Zwecke liegt in der Zuständigkeit des DLR. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt können Projektvorschläge beim DLR einreichen und erhalten Daten zu sehr geringen Kosten, zum Beispiel für Projekte wie die folgenden:
- Überwachung von Permafrostregionen
- Überwachung von Meereis, Gletschern und Eisbergen
- Biomasse-Monitoring von Regenwäldern
- Monitoring der Umgebung von Müllkippen
- Beobachtung von gefährlichen Bodenbewegungen, wie zum Beispiel Erdrutschen und Hangstürzen
- Überwachung von Infrastruktur
- Überwachung von Bergbau-Folgen
WorldDEM™: der neue Standard für globale Höhenmodelle
Airbus Defence and Space übernimmt die kommerzielle Vermarktung der Daten. Ein Angebot: WorldDEM™. Die Präzision übertrifft die jedes anderen heute verfügbaren globalen satellitenbasierten Höhenmodells und setzt einen neuen Industriestandard – mit einer kompletten Abdeckung von Pol zu Pol.

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Zusätzlich gibt es auch das WorldDEM Digital Terrain Model (DTM), das auf dem WorldDEM™ Digital Surface Model (DSM) aufbaut. Vegetation und von Menschen geschaffene Objekte werden entfernt, um ausschließlich die reine Oberfläche der Erde zu zeigen. Solche Daten werden zum Beispiel für den Straßenbau oder das Management von natürlichen Ressourcen benötigt.
Radarechos für mehr Genauigkeit
Um mit TerraSAR-X und TanDEM-X eine so hohe Genauigkeit zu erreichen, ist theoretisch eine Radarantenne nötig, die 15.000 Meter lang ist. Die Wissenschaftler wandten deshalb einen technischen Trick an, um mit einer nur fünf Meter langen Antenne auszukommen. Der Satellit (und damit die Antenne) passiert entlang seiner Flugbahn Objekte am Boden. Dabei werden in regelmäßigen Abständen Impulse gesendet und deren Echos empfangen. Die Daten werden dann zur Erde gefunkt, wo die Echos der Radarimpulse in einem Rechenzentrum zu Bildern zusammengesetzt werden. Dieser Rechenprozess wird als „Apertursynthese“ bezeichnet.

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Technische Daten
Höhe: 5 Meter, Durchmesser: 2,4 Meter
Gewicht: 1,3 Tonnen
Solarzellen: 5,25 Quadratmeter
Stromverbrauch: 800 Watt
Radarantenne: 5 Meter lang, 80 Zentimeter breit
Radarfrequenz: 9,65 Gigahertz (X-Band, Wellenlänge 3 Zentimeter)
Auflösung: z. B. 10 x 10 Kilometer mit 1 x 2 Meter Auflösung oder ein 100 Kilometer breiter Streifen mit 16 Meter Auflösung
Genauigkeit Positionsdaten: 0,5 Meter
Zeit zwischen 2 Beobachtungen desselben Gebiets: 2 – 11 Tage
Datenrate: max. 300 MBit/s
Start: 15. Juni 2007 (TerraSAR-X) / 21 Juni 2010 (TanDEM-X)
Orbithöhe: 514 Kilometer
Datenempfang, Missionsbetrieb: DLR (Neustrelitz, Oberpfaffenhofen, Weilheim), außerdem: Inuvik (Kanada), Kiruna (Schweden), Svalbard (Norwegen), O’Higgins (Antarktis)
Sekundäre Nutzlasten
Laser Communication Terminal (LCT): Datenübertragung mittels Laser, bis 5,6 Gbit/Sekunde über 5.000 Kilometer. Mit dieser Datenrate könnte man rund 200 HD-Fernsehkanäle gleichzeitig zur Erde schicken. Zum Vergleich: Auf der Erde sind solche Geschwindigkeiten in normalen Glasfaser-Netzwerken auch möglich, haben aber maximal 80 Kilometer Reichweite.
Tracking, Occultation and Ranging Experiment (TOR): Hochexakte Bahnbestimmung des Satelliten mit bis zu zehn Zentimetern Genauigkeit auf Basis des Zweifrequenz-GPS-Empfängers IGOR sowie einer Laser-Reflektor-Einheit.
Für den schnellen Überblick:
Sentinel-1A und -1B

© ESA/ATG medialab
Neben den TerraSAR-Satelliten ergänzen neue Radarsatelliten das Angebot an Daten: Sentinel-1A (seit 2014 im All) und Sentinel-1B (seit 2016). Sie sind Teil des europäischen Copernicus-Programms und liefern großflächige, frei verfügbare Daten, mit denen zum Beispiel die Entwicklung von Gletschern oder vulkanischen Feldern beobachtet werden können.
Die Sentinel-1-Satelliten scannen die Erde allerdings nicht wie die TerraSAR-Satelliten im X-Band mit drei Zentimetern Wellenlänge, sondern im C-Band mit sechs Zentimetern. Das ist zwar weniger fein aufgelöst, dafür sind die Datenmengen aber geringer und schneller auf der Erde nutzbar, zum Beispiel bei Überschwemmungen. In einigen Forschungsfeldern lassen sich die Daten von X- und C-Band kombinieren, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.