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Urlaubsplanung
mit „Über-Blick“

Bei der Reiseplanung verlassen sich viele auf Empfehlungen, auf Bücher oder auf Bewertungen im Internet. Aber all diese Informationen wurden irgend­wann in der Vergangenheit erzeugt. Sind sie überhaupt noch aktuell? Aus dem All werden Hightech-Satelliten immer öfter „Echtzeit“-Informationen aus allen Teilen der Welt liefern.

Urlaub am Wasser

Hotel in „Traumlage“? Google Earth weiß es. Ein Satellitenbild zeigt auf einen Blick, ob das 4-Sterne-Hotel nicht doch an einer lauten Straße liegt, und wie groß und weit der Strand tatsächlich ist. Aus 600 bis 800 Kilometer Höhe werden die Bilder von Erdbeobachtungssatelliten (zum Beispiel IKONOS oder der amerikanische WorldView) digital fotografiert und laufend zur Erde gefunkt (Datenrate 300 Mbit/s). In Deutschland empfangen die Bodenstationen des DLR in Oberpfaffenhofen und Neustrelitz die Bilder.

© Google Earth

Azurblau oder „Drecksbrühe“? Um die Wasserqualität tagesaktuell vorhersagen zu können, müssen bald keine Wasserproben mehr genommen werden. Die Auswertung von Satellitenbildern wird genügen.

© EOMAP GmbH & Co. KG

Oststrand statt Weststrand? Wasserqualität per Satellit prüfen geht auch für Seen: Hier der Balaton in Ungarn, der größte Binnensee Europas, im März 2012. Links: Phytoplankton, rechts: Sedimente. Steigt beides zugleich, sinkt die Wasserqualität. Nur im Osten ist alles im „blauen“ Bereich.

© Originaldaten: MERIS FR © ESA; Bildprozessierung: Brockmann Consult GmbH

Algenblüte – gar nicht schön: Ein Algenteppich, wie hier in der Nordsee 2008, vermiest jeden Badeurlaub (und kann sogar für den Menschen toxisch sein). Für das Meer ist er eine echte Gefahr, denn er verhindert, dass Licht in tiefere Wasserschichten gelangen kann. Schlecht für Pflanzen und Tiere.

© Originaldaten: MERIS FR © ESA; Bildprozessierung: Brockmann Consult GmbH

Urlaub in der Stadt

Stadtausflug: Smoggefahr? Stickstoffdioxid (NO2) in der Atemluft ist nicht gesund. Hier im Satelliten­bild: Eine Weltkarte der Stickoxid-Konzentration, erstellt mit Daten von Sentinel-5P und dessen Sensor „Tropomi“. Der Jahresgrenzwert in der EU liegt bei 40 µg/m3, auf der Karte ist dieser Werte­bereich gelb und rot markiert. In NRW gibt es viel „dicke Luft.“ Wer Urlaub in einer Region mit sauberer Luft machen will, sieht hier Bereiche, die sich dafür anbieten. Die Auflösung des Satelliten liegt bei 3,5 auf 7 Kilometern. Aus den Satellitendaten können die Werte am Boden errechnet werden und für eine NO2-Vorhersage genutzt werden.

© ESA, contains modified Copernicus data (2018), processed by KNMI

Ist die Luft rein? Ozon im Blick: Ozon in der Stratosphäre schützt vor Sonnenbrand, Ozon am Boden reizt die Atemwege und kann Kopfschmerzen verursachen. Die Messung aus dem All – statt nur an einzelnen Stellen am Boden oder per Ballon – liefert kontinuierlich weltweit konsistente Daten. Für die Ozonmessung ist bislang der Wettersatellit MetOp mit verschiedenen Sensoren zuständig. Künftig wird diese Aufgabe in erster Linie von Copernicus mit Sentinel-4 und -5 übernommen.

© EUMETSAT

Urlaub in der Natur

Wanderurlaub im Wald? Satellitenbilder zeigen, wie es vor Ort um den Waldbestand steht – ist Wald vorhanden, wurde er durch Waldbrände oder Stürme geschädigt, und wenn ja: Hat sich der Wald bereits wieder erholt? Zum Beispiel im Bild: 14 Jahre nach einem Waldbrand ist die rund 6.000 Hektar große Fläche in Polen noch immer kaum aufgeforstet.

© GEOSYSTEMS Polska Sp. z o.o.

Updates bald im Wochentakt? Dank der deutschen TanDEM-X-Satelliten gibt es seit 2019 erstmals in der Geschichte der Erde eine weltweite Waldbestands-Karte. Mit der angedachten Radar­satelliten­mission Tandem-L könnte diese globale Waldkarte automatisiert wöchentlich aktualisiert werden.

© DLR CC-BY 3.0

Und Malaria? Eine Million Menschen sterben jedes Jahr an Malaria, vor allem in Afrika. Viele Urlaubsreisen führen ebenfalls in Malaria-Regionen, aber meistens gibt es nur großflächige Warnungen. Aber wie groß ist die Gefahr am Zielort aktuell? Gab es konkrete Krankheitsfälle? Und wie viele? Das Projekt MALAREO, an dem die Remote Sensing Solutions GmbH aus Baierbrunn federführend beteiligt war, will auf Basis von Erdbeobachtungs-Daten (u. a. von den deutschen RapidEye-Satelliten) den Ländern Afrikas dabei helfen, erstens laufend Malaria-Fälle auf einer Karte zu erfassen, aber vor allem aus der Kombination von Umweltdaten (Vegetation, Nähe zu Wasserflächen, Pfützen, Bebauung, Wettervorhersage und mehr) Vorhersagen zu treffen, wie sich das Malaria-Risiko an einem bestimmten Ort entwickelt. Mit den Daten soll auch die Malaria-Bekämpfung verbessert werden – zum Beispiel durch das Trockenlegen von Sümpfen. Weitere Satellitendaten, beispielsweise von Sentinel-1, -2 und -3, sowie Daten von Wettersatelliten könnten ebenfalls genutzt werden. Ideen dazu gibt es – wie das Projekt „EyeOnMalaria“.

© www.rssgmbh.de

Urlaub vor der Haustür

In Deutschland gibt es zahlreiche Naturschutzgebiete mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten und einzigartigen Lebensräumen, so auch im Kreis Coesfeld. Themen-Rundtouren auf der Website www.erlebnis-naturerbe.de machen diese erlebbar für Menschen, die Rad- oder Wanderurlaub machen möchten. Die Firma EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH aus Münster erstellt solche Anwendungen unter Zuhilfenahme von Fernerkundungsdaten: Software erkennt auf Satellitenbildern automatisch neue Objekte und bindet sie in das Kartenmaterial ein. So bleiben touristische Karten fast wie von selbst aktuell. Interessant ist auch die Funktion, sich Touren direkt als Rundkurs-Route planen zu lassen.

© Naturschutzzentrum Kreis Coesfeld e. V.

Flug annuliert? Wenn Vulkane den Flugverkehr lahmlegen.

© ESA

Eyjafjallajökull. Grímsvötn. Bárðarbunga. Ein Vulkan bricht in Island aus, die Aschewolke legt den Flugverkehr lahm. Heimreise unbestimmt verschoben. Beim Ausbruch des Eyjafjallajökull wurden allein am 15. April 2010 rund 7.000 Flüge gestrichen, denn die Asche ist eine große Gefahr für Flugzeug-Triebwerke. An Bord der MetOp-Satelliten befinden sich Instrumente, die Schwefeldioxid erkennen können – und damit Vulkanwolken. Das Earth Observation Center des DLR erfasst diese Daten in Echtzeit und kann daraus entsprechende Informationen ableiten, die zu Flugwarnungen oder -entwarnungen beitragen können.

Aber woher wissen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, ob die Daten der Satelliten wirklich korrekt sind? Indem sie sie immer wieder auch vor Ort überprüfen. Die Aschekonzentration von Vulkanwolken (und mehr) wird mit einem Spezialflugzeug des DLR vom Standort Oberpfaffenhofen gemessen. Die HALO Gulfstream G 550 (der Nachfolger einer Dassault Falcon 20E) ist ein fliegendes Labor, das sich seine Proben direkt aus der Luft „pflückt“ – und das in bis zu 15.000 Meter Höhe.

© DLR

Copernicus: das europäische Erdbeobachtungsprogramm

Satelliten dokumentieren laufend und über einen langen Zeitraum, wie sich die Erde verändert: Wie beeinflusst der Klimawandel unsere Umwelt? Wie wirken sich Naturkatastrophen aus – und lassen sie sich vielleicht sogar vorhersagen, sodass Menschen gerettet oder ihnen zumindest schneller geholfen werden kann? Wie verändern sich Städte? Wie kann man die Land- und Forstwirtschaft unterstützen? Wie können Daten über die Luftqualität helfen, Allergien, Hautkrebs oder Asthma zu vermeiden?

Erdbeobachtung ist Teamarbeit. Deshalb wurde von der EU das Europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus ins Leben gerufen. Das Copernicus-Programm ist weltweit einzigartig und sehr ambitioniert. Die Daten, die im Rahmen von Copernicus gewonnen werden, stehen zudem frei und offen jedermann zur Verfügung. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann diese einzigartigen Satellitendaten mit ein paar Mausklicks herunterladen, erkunden und weiter nutzen – und sogar laufend aktuell. Alle drei Jahre werden mit Copernicus in Zukunft Daten zu Waldbedeckung und weiteren Landbedeckungsarten europaweit aktualisiert.

Copernicus ist ein Programm, in dem die Daten von Satelliten, Flugzeugen, Bodenstationen und weiteren Quellen zusammenfließen – für sechs Bereiche:
  • Landüberwachung
  • Überwachung der Meeresumwelt (Seewege, Meeresschutz)
  • Überwachung der Atmosphäre (Luftqualität)
  • Unterstützung des Katastrophen- und Krisenmanagements (Informationsauswertung von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überflutungen)
  • Überwachung des Klimawandels
  • Zivile Sicherheit

Primäres Ziel ist es, eine solide Informationsbasis für europäische und nationale Umwelt- und Sicherheitsfragen zu schaffen. Darüber hinaus sollen aber auch die Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaft und Industrie von den Diensten profitieren.

1998 wurde der Startschuss für Copernicus gegeben. Seit 2014 ist Copernicus ein operationelles Programm – sowohl was die Informations­dienste anbelangt, als auch die Satelliten. Wichtige Meilensteine waren der Start des ersten Satelliten Sentinel-1A am 3. April 2014 und des zweiten Satelliten Sentinel-2A am 23. Juni 2015. Sentinel-5P wurde am 13. Oktober 2017 gestartet. Insgesamt besteht Copernicus aus sechs Sentinel-Missionen, die sukzessive im Laufe der nächsten Jahre gestartet werden.

© Airbus DS GmbH 2015





© ESA

Schon im All: die MetOp-Satelliten

Die drei baugleichen MetOp-Satelliten sind Wettersatelliten, die die „normalen“ und bewährten Wettersatelliten Meteosat perfekt ergänzen. Während die Meteosat „geostationär“ sind, also von einem fixen Punkt in 36.000 Kilometer Höhe aus immer das gleiche Stück Erdoberfläche beobachten, sind die MetOp-Satelliten „polarumlaufend“: Sie kreisen um die Erde und können diese innerhalb von 100 Minuten und aus nur 817 Kilometer Höhe abtasten, das ermöglicht viel mehr Details.

Der erste Satellit MetOp-A startete 2006, der Nachfolger MetOp-B ist seit 2012 im All, und MetOp-C seit 2018. Die Satelliten B und C waren eigentlich als Nachfolger gedacht, weil aber alle drei Satelliten gut arbeiten, liefern jetzt alle Satelliten hochwertige Daten – in derselben Umlaufbahn, aber um
120 Grad versetzt. An Bord der MetOp-Satelliten befinden sich 13 Mess­instrumente, die Temperatur- und Feuchteprofile in der Atmosphäre sowie Windgeschwindigkeiten oder Spurengase messen können, aber auch Empfänger für Notrufsignale sind dabei. Auch für diese Satelliten sind die Nachfolger schon in der Entwicklung. Der erste Satellit des EUMETSAT Polar System – Second Generation (EPS-SG) soll Ende 2022 gestartet werden.

Die Instrumente an Bord von MetOp:

Das Hauptziel der europäischen Satelliten: Wettervorhersagen genauer machen sowie Wetter- und Klimazusammenhänge besser erforschen.

  • IASI – Infrared Atmospheric Sounding Interferometer – Messung von Temperatur der Luft und der Oberfläche der Ozeane sowie Messung der Luftfeuchtigkeit, Gehalt an Spurengasen
  • MHS – Microwave Humidity Sounder – Messung der Luftfeuchtigkeit der Atmosphäre
  • GRAS – Global Navigation Satellite System Receiver for Atmospheric Sounding – Messung der Temperatur und Luftfeuchte in der oberen Troposphäre und der Stratosphäre mit hoher vertikaler Auflösung
  • ASCAT – Advanced Scatterometer – Messung der Windgeschwindigkeit und Windrichtung über der Meeresoberfläche und von Bodenfeuchte über Land
  • GOME-2 – Global Ozone Monitoring Experiment-2 – Erstellung von Ozonprofilen der Atmosphäre
  • AMSU-A1/AMSU-A2 – Advanced Microwave Sounding Units – Messung des Meereises, der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit unter allen Wetterbedingungen
  • HIRS/4 – High-resolution Infrared Radiation Sounder – Messung der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit
  • AVHRR/3 – Advanced Very High Resolution Radiometer – Bilderstellung im sichtbaren und nahen infraroten Bereich von Wolken und Oberflächen
  • A-DCS – Advanced Data Collection System – Sammlung von Daten anderer boden- oder seegestützter Beobachtungsstationen
  • SEM-2 – Space Environment Monitor – Teilchendetektor bestehend aus Total Energy Detector (TED) für niederenergetische Teilchen und dem Medium Energy Proton and Electron Detector (MEPED) für Teilchen mittlerer Energie
  • SARP-3 – Search And Rescue Processor
  • SARR – Search And Rescue Repeater – Empfang und Weitergabe von Notsignalen

© ESA

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