Der Berg ruft,
der Satellit antwortet
Fast so schön wie selber da:
3D-Karten für Bergfans
© 3D RealityMaps – www.realitymaps.de
Ab in die Berge. Aber wo gibt’s die besten Wanderrouten, Skigebiete oder Mountain-Bike-Touren? Und wie sieht es vor Ort aus? Wie ist das Höhenprofil einer Tour, sind die Steigungen nicht zu schwer?
Bisher galt: vorhandene Wanderkarten mit Kennerblick entziffern, ohne dabei Details zu übersehen. Aus den Höhenlinien die richtigen Schlüsse auf die jeweilige Steigung ziehen. Oder hinfahren und selbst anschauen – auf gut Glück.
Erdbeobachtung durch Satelliten schafft nun die Grundlage dafür, Berge einfacher zu „entziffern“, nämlich mit 3D-Karten und 3D-Apps. Das nutzen nicht nur Bergsporttreibende.

Lohnt der Winterausflug?
Gibt’s überhaupt Schnee?

© 3D RealityMaps – www.realitymaps.de
Schneehöhen werden traditionell mit einem Meterstab gemessen – oder moderner mit fest installierten Schneehöhen-Sensoren. Beide Methoden sind zwar sehr genau, aber es sind eben nur „Stich“-Proben. Schon Schneewehen können Ergebnisse stark verfälschen. Gerade für die Beobachtung von Schneehöhen-Trends – wichtig für Reiseplanungen und vor allem für die Klimaforschung – sind jedoch laufend zuverlässige Daten zu großen Regionen oder der ganzen Welt nötig, um anhand von Zeitreihen langfristige Veränderungen zu erkennen.
Mit technisch aufwändigen Kombinationen aus optischen Daten, Temperatur- und Radardaten aus dem All – sowie den passenden mathematischen Modellen – können Meteorologinnen und Meteorologen die Ausdehnung von Schnee- und Eisflächen sowie deren Veränderungen messen, um beispielsweise eine Weltkarte der Schneebedeckung zu erstellen – auch dort, wo kein Mensch die Schneeparameter (zum Beispiel Art und Alter des Schnees) misst (wie in Sibirien oder dem tibetischen Hochplateau).
Die Daten dafür liefern zum Beispiel die Instrumente auf den Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms der ESA. Mit diesen Daten können zusätzlich auch großräumige Schneelagenberichte und Vorhersagen für Wintersporttreibende unterstützt werden.

Technik from Outer Space: 3D-Bilder zuerst auf dem Mars, dann auf der Erde

© ESA/DLR/FU Berlin
Die Grundlagen für die 3D-Visualisierung der Erdoberfläche stammen aus der Weltraumforschung des DLR. Ursprüngliche Aufgabe war es, den Mars zu kartieren (mit der hochauflösenden, vom DLR-Institut für Planetenforschung entwickelten Stereo-Kamera HRSC). Wäre das Klima dort angenehmer und wäre die Anreise nicht so aufwändig, wäre der Mars für Alpinisten und Alpinistinnen ein Paradies. Allein der Berg „Olympus Mons“: Er ist mit 26.000 Meter Höhe der höchste Berg unseres Sonnensystems. Allerdings: Einen schönen Gipfel gibt es leider nicht, denn mit einem Durchmesser von 600 Kilometern wirkt er trotz seiner Höhe eher flach.
Am Institut für Robotik und Mechatronik wurde für das Projekt ein neuartiges Verfahren zur 3D-Weiterverarbeitung von Stereobildern entwickelt. Als Industriepartner des DLR war die 3D RealityMaps GmbH an der Entwicklung beteiligt.
Die Technik:
Eis und Schnee aus dem All erkennen

© ESA
Menschen können Schnee schnell und einfach mit den Augen erkennen. Satelliten auch – aber genauer. Gewisse Arten von Schnee und Eis, zum Beispiel Gletschereis, reflektieren Licht auch im infraroten Bereich. Durch die Überlagerung und Auswertung von Satellitenbildern, die in schmalen Wellenlängenbereichen des Lichts aufgenommen werden, kann Software automatisch erkennen, was Schnee, was Firn und was Gletschereis ist. So lassen sich Gletscher automatisiert beobachten, beziehungsweise meistens leider ihr Schrumpfen und Verschwinden, verursacht durch die globale Erwärmung. Mit den Daten der Sentinel-Satelliten gelingt die Schneeerkennung schon heute.
Ab 2023 wird sich die Erkennung noch weiter verbessern: mit dem Instrument METImage, einer Art Kamera. Sie wurde hauptsächlich für die Erfassung von Wolken konstruiert, kann aber auch Eis und Schnee erkennen.
METImage ist ein multispektrales, abbildendes Radiometer, entwickelt von Airbus Defence and Space im Auftrag des DLR. Es wird an Bord eines Wettersatelliten mitfliegen (EUMETSAT Polar System – Second Generation). METImage wird – in 20 Spektralkanälen gleichzeitig und mit einer Auflösung von 500 Metern – einen 2.670 Kilometer breiten Streifen aufnehmen und dabei unter anderem wichtige Informationen über Wolken, Wolkenbedeckung, Landoberflächen, Ozean-, Eis- und Landoberflächentemperaturen zur Verfügung stellen. Damit wird die Wetter- und Klimavorhersage eine neue Qualität erreichen.
Auch andere Satelliten liefern Daten zur Beobachtung von Schnee und Eis:
- TanDEM-X: Volumen- und Massenänderungen von Gletschern und Eiskappen
- GRACE, GRACE-FO: unmittelbare Massenänderungen von Gletschern und Eiskappen
- Sentinel-1 und -2, TerraSAR-X und TanDEM-X: Ausdehnung und Fließgeschwindigkeit von Gletschern
- Sentinel-1 und -2: Ausdehnung und Zustand von Schneeflächen
- Sentinel-3: Messung der Erhebung (und Überwachung der Dickenänderung) von Gletschern und Eisbergen
- Sentinel-1, TerraSAR-X und TanDEM-X: Aufsetzlinien von Schelfeisen
- CryoSat-2: Höhenänderungen, Meereisausdehnung und -dicke
Keine Lust mehr auf Schnee? Satelliten erkennen auch den Frühling.

© ESA
Nicht jeder Mensch, der sich gerne in der Natur oder in den Bergen aufhält, liebt auch Schnee. Wer die erste Frühlings-Wanderung plant, möchte das lang ersehnte Grün sowie erste Blüten sehen und eben nicht mehr durch graue Schneereste stapfen. Aber wo blüht es?
Der Frühling lässt sich vom All aus erkennen. Das Stichwort: Nettoprimärproduktion. Per Satellit wird sichtbar, wo wie viel Biomasse entstanden ist – also wie viele Blätter, Knospen, Blüten und Gräser gewachsen sind. Derzeit werden Möglichkeiten geschaffen, um die Biomasse regelmäßig zu beobachten. Damit können Landwirte und Landwirtinnen Erträge auf ihren Feldern besser vorhersagen und Über- beziehungsweise Unterdüngung vermeiden.
Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR verwendet dafür sogenannte Vegetationsmodelle, also Methoden, mit denen Pflanzenwachstum aus dem All genau ermittelt werden kann – weil vorher die Daten mit Feldversuchen abgeglichen wurden.

© DLR
Diese Technik eröffnet auch verblüffende Erkenntnisse: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DFD haben errechnet, ob ungenutzte Strohabfälle eine interessante Quelle für erneuerbare Energien sind. Mit der vom DLR erzeugten Karte zum globalen „Strohpotenzial“ kann erstmals die weltweite Verteilung und Verfügbarkeit von Energie aus Stroh-Biomasse erkannt werden. Für das Beispieljahr 2012 wurde ein globales Strohpotenzial von rund 55 Millionen Terajoule berechnet. Theoretisch könnte Deutschland hiermit seinen vollständigen Primärenergiebedarf vier Jahre lang decken (oder die USA ein halbes Jahr).