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Der Berg ruft,
der Satellit antwortet

Fast so schön wie selber da:
3D-Karten für Bergfans

© 3D RealityMaps – www.realitymaps.de

Ab in die Berge. Aber wo gibt’s die besten Wanderrouten, Skigebiete oder Mountain-Bike-Touren? Und wie sieht es vor Ort aus? Wie ist das Höhen­profil einer Tour, sind die Steigungen nicht zu schwer?

Bisher galt: vorhandene Wanderkarten mit Kennerblick entziffern, ohne dabei Details zu übersehen. Aus den Höhenlinien die richtigen Schlüsse auf die jeweilige Steigung ziehen. Oder hinfahren und selbst anschauen – auf gut Glück.

Erdbeobachtung durch Satelliten schafft nun die Grundlage dafür, Berge einfacher zu „entziffern“, nämlich mit 3D-Karten und 3D-Apps. Das nutzen nicht nur Bergsporttreibende.

Die schönsten Alpenregionen fotorealistisch in 3D: erhältlich als „3D Outdoor Guides“ der Firma 3D RealityMaps. In deren Premium-Version sind 4.000 redaktionell aufbereitete Touren integriert. Damit möglich: bei Wanderungen schon vor dem Losgehen erkennen, ob Verlauf und Höhenprofil zur eigenen Kondition passen. Auch die Bergrettung profitiert von diesen 3D-Karten. Die Technik dahinter? Deutsche Weltraumforschung, die zuerst auf dem Mars, dann auf dem Mount Everest eingesetzt wurde.

© 3D RealityMaps GmbH

Mächtig in 3D: der Mount Everest. Das „Dach der Welt“, seit 2011 als interaktive 3D-Karte mit 50 Zentimeter Auflösung – online und als App. Alles bereit für die digitale Besteigung. Für die 3D-Bilder haben das DLR-Institut für Robotik und Mechatronik (Software für die 3D-Modelle), die Firma 3D RealityMaps (Darstellungssoftware) und DigitalGlobe (Daten der optischen Erdbeobachtungs­satelliten WorldView 1 und WorldView 2) kooperiert. Ergänzt wurden noch Aufnahmen des deutschen Satellitensystems RapidEye. Der Trick der DLR-Software: 2D-Satellitenaufnahmen aus unterschiedlichen Betrachtungswinkeln werden übereinandergelegt und daraus 3D-Oberflächenmodelle berechnet.

© 3D RealityMaps GmbH

Apps für Skigebiete: 3D-Pistenplan mit Öffnungszeiten als App, hier für das Skigebiet Dolomiti Superski mit 1.200 Pistenkilometern. Dank 3D kann man gut einschätzen, ob eine blaue Piste auch wirklich harmlos ist. Und durch das Routing plus Einbindung von Webcams und Lift-Öffnungszeiten lässt sich der Bergtag besser planen.

© 3D RealityMaps GmbH

Aus dem All Standorte für erneuerbare Energien finden: Die Erzeugung von Strom und Wärme mit erneuerbaren Energien soll massiv ausgebaut werden. Es gibt jedoch keine guten Daten über geeignete Standorte. Das Projekt Cop4EE entwickelt die Lösung: eine automatische Standortsuche und -bewertung, basierend auf Satellitendaten. So könnten Windkraftanlagen, Solaranlagen, Anbauflächen für Energiepflanzen sowie Standorte für Biogasanlagen und Fernwärmenetze schnell und transparent geplant und diskutiert werden. Im Bild: eine Auswertung für die Umgebung von Bitburg. Beispielsweise zeigen die gelben Felder, wo es gute Fotovoltaik-Standorte gibt.

© DELPHI InformationsMusterManagement GmbH

Lohnt der Winterausflug?
Gibt’s überhaupt Schnee?

© 3D RealityMaps – www.realitymaps.de

Schneehöhen werden traditionell mit einem Meterstab gemessen – oder moderner mit fest installierten Schneehöhen-Sensoren. Beide Methoden sind zwar sehr genau, aber es sind eben nur „Stich“-Proben. Schon Schneewehen können Ergebnisse stark verfälschen. Gerade für die Beobachtung von Schneehöhen-Trends – wichtig für Reiseplanungen und vor allem für die Klimaforschung – sind jedoch laufend zuverlässige Daten zu großen Regionen oder der ganzen Welt nötig, um anhand von Zeitreihen langfristige Veränderungen zu erkennen.

Mit technisch aufwändigen Kombinationen aus optischen Daten, Temperatur- und Radardaten aus dem All – sowie den passenden mathematischen Modellen – können Meteorologinnen und Meteorologen die Ausdehnung von Schnee- und Eisflächen sowie deren Veränderungen messen, um beispielsweise eine Weltkarte der Schneebedeckung zu erstellen – auch dort, wo kein Mensch die Schneeparameter (zum Beispiel Art und Alter des Schnees) misst (wie in Sibirien oder dem tibetischen Hochplateau).

Die Daten dafür liefern zum Beispiel die Instrumente auf den Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms der ESA. Mit diesen Daten können zusätzlich auch großräumige Schneelagenberichte und Vorhersagen für Wintersporttreibende unterstützt werden.

Echte Lawinenwarnung: Ein norwegisches Projekt, von der ESA mitfinanziert, nutzt Satellitendaten (Sentinel-1), um darauf Lawinen automatisch per Software zu erkennen. Der Trick: Die Vielzahl von Lawinendaten ermöglicht in Kombination mit weiteren Daten (Temperatur, Hangneigung) eine funktionierende Lawinenvorhersage mit bis zu 82 Prozent Genauigkeit! Diese ist in Norwegen seit dem Winter 2017 offiziell im Einsatz. Der Service soll weltweit möglich werden. Das könnte viele Leben retten, allein in den Alpen sterben jährlich rund 100 Menschen bei Lawinenunglücken.

© Eckerstorfer, Malnes, Vickers & Grahn, 2019 eller Eckerstorfer et al, 2019: Snow avalanche activity detected using Sentinel-1 data in Northern Norway (2014-2019). NORCE

Mit Schneedaten Stromvorhersagen treffen: In den Bergen gibt es viele Wasserkraftwerke, die aus Seen gespeist werden. In denen sammelt sich Schmelzwasser. Wenn Energieversorger das Schnee­auf­kommen beobachten und gemeinsam mit Wetterdaten die Schmelzrate errechnen, kann vorhergesagt werden, wie viel Strom die Wasserkraftwerke in den nächsten Tagen liefern werden – je nach Schmelze. Auch für die Hochwasser-Frühwarnung sind diese Informationen wertvoll. Erstellt werden sie von der Firma Vista aus Weßling bei München, die mit dem DLR und der ESA zusammenarbeitet und Satellitendaten (zum Beispiel Radardaten von Sentinel-1 und optische Daten von Sentinel-2) nutzt.

© Vista GmbH (2015)

Technik from Outer Space: 3D-Bilder zuerst auf dem Mars, dann auf der Erde

© ESA/DLR/FU Berlin

Die Grundlagen für die 3D-Visualisierung der Erdoberfläche stammen aus der Weltraumforschung des DLR. Ursprüngliche Aufgabe war es, den Mars zu kartieren (mit der hochauflösenden, vom DLR-Institut für Planetenforschung entwickelten Stereo-Kamera HRSC). Wäre das Klima dort angenehmer und wäre die Anreise nicht so aufwändig, wäre der Mars für Alpinisten und Alpinistinnen ein Paradies. Allein der Berg „Olympus Mons“: Er ist mit 26.000 Meter Höhe der höchste Berg unseres Sonnensystems. Allerdings: Einen schönen Gipfel gibt es leider nicht, denn mit einem Durchmesser von 600 Kilometern wirkt er trotz seiner Höhe eher flach.

Am Institut für Robotik und Mechatronik wurde für das Projekt ein neu­artiges Verfahren zur 3D-Weiterverarbeitung von Stereobildern entwickelt. Als Industriepartner des DLR war die 3D RealityMaps GmbH an der Entwicklung beteiligt.

Die Technik:
Eis und Schnee aus dem All erkennen

© ESA

Menschen können Schnee schnell und einfach mit den Augen erkennen. Satelliten auch – aber genauer. Gewisse Arten von Schnee und Eis, zum Beispiel Gletschereis, reflektieren Licht auch im infraroten Bereich. Durch die Überlagerung und Auswertung von Satellitenbildern, die in schmalen Wellenlängenbereichen des Lichts aufgenommen werden, kann Software automatisch erkennen, was Schnee, was Firn und was Gletschereis ist. So lassen sich Gletscher automatisiert beobachten, beziehungsweise meistens leider ihr Schrumpfen und Verschwinden, verursacht durch die globale Erwärmung. Mit den Daten der Sentinel-Satelliten gelingt die Schneeerkennung schon heute.

Ab 2023 wird sich die Erkennung noch weiter verbessern: mit dem Instrument METImage, einer Art Kamera. Sie wurde hauptsächlich für die Erfassung von Wolken konstruiert, kann aber auch Eis und Schnee erkennen.

METImage ist ein multispektrales, abbildendes Radiometer, entwickelt von Airbus Defence and Space im Auftrag des DLR. Es wird an Bord eines Wetter­satelliten mitfliegen (EUMETSAT Polar System – Second Generation). METImage wird – in 20 Spektralkanälen gleichzeitig und mit einer Auflösung von 500 Metern – einen 2.670 Kilometer breiten Streifen aufnehmen und dabei unter anderem wichtige Informationen über Wolken, Wolken­bedeckung, Landober­flächen, Ozean-, Eis- und Land­ober­flächen­temperaturen zur Verfügung stellen. Damit wird die Wetter- und Klimavorhersage eine neue Qualität erreichen.

Auch andere Satelliten liefern Daten zur Beobachtung von Schnee und Eis:

  • TanDEM-X: Volumen- und Massenänderungen von Gletschern und Eiskappen
  • GRACE, GRACE-FO: unmittelbare Massenänderungen von Gletschern und Eiskappen
  • Sentinel-1 und -2, TerraSAR-X und TanDEM-X: Ausdehnung und Fließgeschwindigkeit von Gletschern
  • Sentinel-1 und -2: Ausdehnung und Zustand von Schneeflächen
  • Sentinel-3: Messung der Erhebung (und Überwachung der Dickenänderung) von Gletschern und Eisbergen
  • Sentinel-1, TerraSAR-X und TanDEM-X: Aufsetzlinien von Schelfeisen
  • CryoSat-2: Höhenänderungen, Meereisausdehnung und -dicke

Keine Lust mehr auf Schnee? Satelliten erkennen auch den Frühling.

© ESA

Nicht jeder Mensch, der sich gerne in der Natur oder in den Bergen aufhält, liebt auch Schnee. Wer die erste Frühlings-Wanderung plant, möchte das lang ersehnte Grün sowie erste Blüten sehen und eben nicht mehr durch graue Schneereste stapfen. Aber wo blüht es?

Der Frühling lässt sich vom All aus erkennen. Das Stichwort: Nettoprimär­produktion. Per Satellit wird sichtbar, wo wie viel Biomasse entstanden ist – also wie viele Blätter, Knospen, Blüten und Gräser gewachsen sind. Derzeit werden Möglichkeiten geschaffen, um die Biomasse regelmäßig zu beobachten. Damit können Landwirte und Landwirtinnen Erträge auf ihren Feldern besser vorhersagen und Über- beziehungsweise Unterdüngung vermeiden.

Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR verwendet dafür sogenannte Vegetationsmodelle, also Methoden, mit denen Pflanzen­wachstum aus dem All genau ermittelt werden kann – weil vorher die Daten mit Feldversuchen abgeglichen wurden.

© DLR

Diese Technik eröffnet auch verblüffende Erkenntnisse: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DFD haben errechnet, ob ungenutzte Strohabfälle eine interessante Quelle für erneuerbare Energien sind. Mit der vom DLR erzeugten Karte zum globalen „Strohpotenzial“ kann erstmals die weltweite Verteilung und Verfügbarkeit von Energie aus Stroh-Biomasse erkannt werden. Für das Beispieljahr 2012 wurde ein globales Strohpotenzial von rund 55 Millionen Terajoule berechnet. Theoretisch könnte Deutschland hiermit seinen vollständigen Primärenergiebedarf vier Jahre lang decken (oder die USA ein halbes Jahr).

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