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Mehr Genauigkeit, mehr Alltagsnutzen: Galileo

Satellitennavigation ist heute Alltag: Fast jedes Smartphone nutzt die Signale von Satelliten, um die Position zu bestimmen. Dabei genügen die Signale von vier Satelliten, um den eigenen Standort exakt festzulegen. Das US-amerikanische GPS war das erste System, das russische GLONASS folgte und seit 2016 sind die ersten Dienste des europäischen Systems Galileo in Betrieb. Das chinesische BeiDou ist ebenfalls bereits weltweit verfügbar. In circa 1,5 Milliarden Geräte ist der Galileo-Empfang schon integriert. Hierzu zählen insbesondere aktuelle Smartphones der bekannten Marken. Die besonders genaue Positionsbestimmung von Galileo wird beispielsweise für das Notrufsystem eCall genutzt, das in immer mehr Autos eingebaut ist, und Galileo wird in Zukunft auch selbstfahrende Autos unterstützen.

© ESA

Galileo ist das einzige System unter ziviler statt militärischer Kontrolle. Die Beeinflussung der Galileo-Signale liegt also nicht im Einfluss des Militärs, wie es bei anderen Systemen wie zum Beispiel GPS oder GLONASS möglich ist. Ein Containerschiff, das zentimetergenau und automatisiert in einen Hafen einfährt, sollte sich eben besser nicht auf ein System verlassen müssen, das unter Umständen einer solchen Beeinflussung unterliegt.

Der größte Vorteil von Galileo ist seine hohe Genauigkeit von bis zu 1,5 Metern. Mit der Android-App GNSS Compare kann man diese faszinierende Präzision selbst testen.

Mit 2-Frequenz-Empfängern (Galileo sendet auf 2 Frequenzen) sind Genauigkeiten im Bereich von 10–50 Zentimetern möglich. Immer mehr Smartphones haben diese Technologie eingebaut. Auf der Basis der sehr guten Galileo-Positionsdaten werden in naher Zukunft viele neue standortbasierte Anwendungen entstehen, die auch unseren Alltag verändern werden.

Schnelle Unfallhilfe dank eCall

© European GNSS Agency

Seit März 2018 müssen alle neuen Automodelle in der EU „eCall“ an Bord haben, das automatische Notrufsystem bei Unfällen. Bei einem Unfall setzt das System automatisch einen Notruf ab – natürlich inklusive Positionsdaten und Fahrtrichtung. Dank der Kombination aus Galileo und EGNOS ist die Genauigkeit so hoch, dass Rettungskräfte wissen, auf welcher Straßenseite sich das Unfallauto befindet. Ab 2022 wird die Technik sogar in alle neuen Smartphones in der EU einziehen, denn dann startet der Nachfolger des Notrufs 112, nämlich E112. Dabei wird beim Notruf automatisch die Position übertragen.

Schnellere Hilfe im Notfall

© European GNSS Agency

In einsamen Gegenden kann man im Notfall nicht die 112 wählen. Deshalb gibt es seit 1982 Cospas-Sarsat, ein satellitengestütztes Notrufnetzwerk, das Funksignale von Notrufsendern empfängt und zu Leitstellen weiterleitet. Der Nachteil: Bislang hatte ein Notruf bis zu vier Stunden Laufzeit, und die Ortungsgenauigkeit lag bei rund zehn Kilometern. Mit dem neuen Dienst SAR/Galileo wurde das System massiv verbessert. Weil das Notsignal jetzt von den Galileo-Navigationssignalen geortet wird, ist die Genauigkeit auf zwei Kilometer verbessert. Im neuen Gesamtsystem Cospas-Sarsat MEOSAT ist der Notruf innerhalb von zehn Minuten in einer Leitstelle – das verbessert die Chancen auf Rettung erheblich. Zusätzlich erhalten die Hilfesuchenden dank SAR/Galileo erstmals eine Rückmeldung, dass der Notruf eingegangen ist.

Autopilot im Auto

© DLR

Im Testfeld Niedersachsen wird Autos, Bussen und LKWs das automatisierte Fahren beigebracht, unterstützt vom DLR. Das wichtigste Element: Das Auto muss wissen, wo es gerade ist. Dafür sind exakte Karten notwendig – und auf ihnen die exakte Position, die nur Galileo liefern kann. Natürlich gehört noch mehr dazu, wie Kreuzungen mit Radar-Positionsbestimmungen und Kameras, an denen auch Ampeln den Autos „sagen“, wann sie Grün werden. Getestet wird in Braunschweig und auf Autobahnen.
Sicherheit ist ebenfalls ein großes Thema – diese wird im Verbundprojekt Pegasus erforscht. Die erste Anwendung daraus, der automatische „Autobahn-Chauffeur“ wird schon bald in Serie gehen. Bei diesem System (Level 3 auf der Autonomes-Fahren-Skala von 1 bis 5) kann man – wie mit einem echten Chauffeur oder einer echten Chauffeurin – während der Fahrt legal den Blick von der Straße nehmen. Und am Ende der Fahrt? Da könnte das Auto von selbst einen Parkplatz finden und komplett eigenständig einparken, beispielsweise unterstützt von einer Drohne, die aus der Luft freie Parkplätze erspäht und sie Autos zuweist. Diese finden dann selbst den Parkplatz und parken wie von Geisterhand ein. Es funktioniert. Das hat das DLR im EU-Projekt AUTOPILOT entwickelt und getestet.

Maut per Satellit

Mit welchem Geld werden Fernstraßen, Brücken und Tunnels gebaut und gewartet? Entweder mit Steuergeld oder durch Nutzungsentgelt – also mit einer Maut. In vielen europäischen Ländern gibt es eine streckenabhängige Maut. Alle Systeme arbeiten anders: Entweder mit Mautstationen wie in Frankreich oder mit Positionsdaten via Satellit wie in Deutschland. Die EU will, dass die Systeme miteinander kompatibel werden. Der Schlüssel: Galileo. Die Satellitentechnik ist preiswert – und dank der hohen Genauigkeit von Galileo können Systeme mautpflichtige und mautfreie Straßen besser unterscheiden, wenn diese eng beieinanderliegen.

Straßenkarten aus dem All

© DLR

Dank Galileo weiß ein Auto auf wenige Zentimeter genau, wo es gerade ist. Diese Information ist nur dann sinnvoll nutzbar, wenn das Kartenmaterial auch so gut ist. Kartierung ist teuer, beispielsweise müssten alle Straßen von LIDAR-Vermessungswagen neu vermessen werden. Das dauert. Deutlich schneller und preiswerter: Kartierung aus dem All. Das plant das DLR-Projekt DriveMark®. Mit Hilfe der Daten der deutschen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X werden Karten mit 20 Zentimeter Genauigkeit möglich. Und gibt es ein Back-up, wenn die Satellitennavigation ausfällt? Ja. Zusätzlich sollen Landmarken dem Auto helfen, die Position exakt zu bestimmen: Sieht die Kamera im Auto ein bestimmtes Verkehrsschild, holt es die Positionsdaten dazu aus der Datenbank und kann so die Position abgleichen.


 

Sicher landen: Große Flughäfen lotsen mit eigenen Instrumentenlandesystemen (ILS) Flugzeuge auch bei null Sicht exakt auf die Landebahn, da GPS allein zu ungenau ist. Seit 2011 ist das europäische Ergänzungssystem EGNOS für die Luftfahrt verfügbar, das heute auf rund 360 kleineren Landeplätzen durch genauere Positionsdaten das sicherere Landen auch ohne ILS ermöglicht – mit rund zwei Metern Genauigkeit. Mit den sehr genauen und durch Verschlüsselung sicheren Galileo-Navigationsdaten, EGNOS V3 und Erkenntnissen aus Projekten wie GLASS vom DLR wird es noch besser: In Zukunft werden Flugzeuge und Drohnen immer öfter per Autopilot landen können, dank zuverlässiger und kostengünstiger Technik.

© DLR

Weltweites Navi für Züge: Das DLR ist am internationalen Projekt RHINOS beteiligt, bei dem eine standardisierte Navigationslösung für Züge entwickelt wird – Galileo ist ein fester Bestandteil. Damit werden später automatisiert fahrende Züge und Rangierloks möglich. Viel Vorarbeit wurde in Wegberg-Wildenrath geleistet. Auf dem Siemens-Versuchsgelände arbeitet die RWTH Aachen an selbstfahrenden Rangiergefährten mit Galileo-Genauigkeit.

© Anselm Daniel vom Institut für Schienenfahrzeuge und Fördertechnik (IFS) der RWTH Aachen

Schlaglöchern entgehen: Wären auf einer Straßenkarte Schlaglöcher zentimetergenau eingezeichnet und wüssten Autos ebenso zentimetergenau, wo sie sich gerade befinden, könnten selbstlenkende Autos die Schlaglöcher einfach umfahren. Fährt ein Auto über ein neues, noch nicht kartiertes Schlagloch, würden dessen Positionsdaten automatisch in einer Cloud-Datenbank abgelegt, auf die wiederum die nachfolgenden Fahrzeuge zurückgreifen.

© DLR

Galileo: europäische Satellitennavigation
mit Atomuhr-Genauigkeit


 

© European GNSS Agency

Zur präzisen Zeitmessung sind die Galileo-Satelliten mit Atomuhren ausgestattet, die so genau gehen, dass es innerhalb von drei Millionen Jahren lediglich zu einer Abweichung von einer Sekunde kommen würde. Mit jedem Signal, das einer der Satelliten zur Empfangsstation auf der Erde schickt, wird auch die genaue Versandzeit mit einer bisher noch nicht erreichten Genauigkeit versendet. Nur so kann aus der Laufzeit des Signals sowie aus den Satellitenpositionen im Weltall der Standort beispielsweise eines Fahrzeugs auf der Erde derart exakt berechnet werden. Je genauer die Uhr, desto genauer die Positionsbestimmung. Gesteuert werden die Galileo-Satelliten aus dem Kontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen und vom italienischen Fucino aus.

Die Galileo-Dienste

Offener Dienst (Open Service, OS)

Ähnlich wie GPS und GLONASS sind die Galileo-Daten frei und kostenlos empfangbar – mit bis zu 1,5 Metern Ortungsgenauigkeit (bei Verwendung eines 2-Frequenz-Empfängers sogar 10–50 Zentimeter) allerdings präziser. Auf diese Genauigkeit kann man sich bei Galileo jederzeit verlassen, da es ein öffentliches europäisches System ist. Andere Systeme stehen unter nationalem militärischem Einfluss. In Konfliktsituationen kann das Militär die Genauigkeit eines Systems künstlich verschlechtern.

High Accuracy Service (HAS)

Ein kostenfreier Dienst, der den offenen Dienst ergänzt. Die Genauigkeit liegt bei unter 20 Zentimetern.

Commercial Authentication Service (CAS)

Ein kommerzieller Dienst, der die Genauigkeit von HAS um eine zusätzliche, verschlüsselte Authentifizierungskomponente erweitert.

Public Regulated Service (PRS)

Ein spezieller Dienst vor allem für hoheitliche Anwendungen (Polizei, Feuerwehr): Die Signale sind hochgenau, zuverlässig, besser vor Störsendern geschützt und verschlüsselt.

Search And Rescue Service (SAR)/Galileo Service

Dieser Service arbeitet mit dem System Cospas-Sarsat MEOSAR zusammen und gestattet eine schnelle und weltweite Ortung von Notrufsendern, allerdings erstmals auch mit einem Rückkanal von der Rettungsstelle zu der Person, die den Notruf gesendet hat.

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