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Schnellere Wundheilung?

Mit „kaltem Plasma“, basierend auf deutscher Grundlagenforschung im All

Wunden heilen schneller, wenn keine störenden Bakterien, Viren und Pilze den Körper an der Regenerierung hindern. Deshalb und um eine Infektion zu verhindern, werden Wunden desinfiziert. Doch nicht jedes Desinfektionsmittel wirkt bei resistenten Keimen – und gerade große, offene Wunden kann man kaum desinfizieren. Die Lösung: das Gerät plasma care der Firma terraplasma medical. Es produziert „kaltes Plasma“, einen Mix aus Elektronen, Ionen und angeregten Atomen. Die Desinfektion eines Quadratzentimeters Haut dauert nur 30 Sekunden und ist komplett schmerzfrei. Der Effekt: eine bis zu 30 Prozent schnellere Wundheilung.

© 2020 terraplasma medical GmbH

So funktioniert’s: Die reaktiven Elektronen, Ionen und angeregten Atome des Plasmas reißen Mikroporen in die Zellmembranen von Mikroorganismen. Dadurch können die reaktiven Teilchen des Plasmas in die Zelle eindringen. Dort treffen sie auf das Erbgut der Zelle und zerstören diese. Bakterien, Viren und Pilze sterben ab. Auch dann, wenn sie gegenüber Medikamenten resistent sind. Und wie überleben die menschlichen Zellen? Das Erbgut menschlicher Zellen ist durch eine Zellkernmembran und zellbiologische Schutzmechanismen geschützt. Die Zelle wird bei der kurzen Anwendung nicht geschädigt.

© 2020 terraplasma medical GmbH

Weiterentwickelt hat die Technik die Firma terraplasma aus Garching, eine Ausgründung aus dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. terraplasma hält die Patente und vergibt Lizenzen. Die Technologie basiert auf Erkenntnissen deutscher Plasmakristall-Experimente (PK) auf der ISS. Daraus wurden „Kalte Atmosphärische Plasmen (KAP)“ abgeleitet.

Daraus besteht kaltes Plasma

„Plasma“ ist ein ionisiertes Gas. In natürlicher Form gibt es Plasma in der Sonne – sie ist ein Plasmaball –, in Blitzen auf der Erde oder als Polarlicht. Dieses heiße Plasma kann Temperaturen von mehreren Tausend Grad Celsius erreichen und ist entsprechend gefährlich. Kaltes atmosphärisches Plasma ist hingegen harmlos: Es ist ein teilweise ionisiertes Gas, das nur Zimmertemperatur hat. Zum Erzeugen benötigt man nur circa 3.500 Volt, als Energiequelle genügt ein Akku.

© 2020 terraplasma medical GmbH

Plasma und Plasmakristalle:
chaotische Materie, mit Staub gezähmt

Materie hat vier Zustände: fest (sehr geordnet), flüssig (weniger geordnet), gasförmig (ungeordnet) und Plasma (sehr ungeordnet). Ein Plasma ist ein ionisiertes Gas. Ein „Plasmakristall“ ist noch ungewöhnlicher: Hier werden kleine, feste Partikel in der Größe von circa einem Tausendstel Millimeter einem Plasma hinzugegeben. Dann kann das Plasma zu einem „komplexen Plasma“ kristallisieren. Die Partikel bilden dann Gitter mit relativ großen Abständen (circa 1/10 mm), in denen das Plasma sozusagen „gefangen“ ist – die „chaotische“ Materie wurde gezähmt und kann jetzt unter dem Mikroskop erforscht werden. Sogar mit bloßem Auge sind diese Strukturen sichtbar. Das, was sonst auf atomarer Ebene rasend schnell geschieht, passiert durch die „Zähmung“ deutlich vergrößert und in Zeitlupe. Diese Entdeckung gelang 1994.

© DLR

Am besten kann man Plasmakristalle erforschen, wenn der Faktor Schwerkraft die Kristallbildung nicht beeinflusst. Der ideale Ort: ein Labor im All! In einer deutsch-russischen Kooperation war das Labor „PKE-Nefedov“ bereits beim Beginn der ISS-Mission 2001 an Bord. Seit 2014 ist die 4. Generation des Labors auf der ISS in Betrieb: PK-4. Plasma zu verstehen, ist wichtig für die Astrophysik, denn 99 Prozent der sichtbaren Materie im Weltraum sind im Plasmazustand. Die Erkenntnisse dieser Grundlagen­forschung sind auch für Halbleiter- und Chiptechnologie sowie für die Medizintechnik hochinteressant.

© MPE – M. Kretschmer

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