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Von „seekranken Astronauten“
zu besserem Sehen

Damit Augenlasern nicht ins Auge geht

Heute lassen sich immer mehr Menschen ihre Fehlsichtigkeit durch eine Laser-Operation (Lasik) am Auge beheben.

Präzision ist bei der Laser-Steuerung oberstes Gebot – und das ist nicht einfach, denn das Auge bewegt sich ständig und unvorhersehbar. Die Pupillen-Bewegungen müssen deshalb sehr genau erfasst werden, um den Laser exakt steuern zu können. Dabei hilft Technik aus der Raumfahrt, erforscht und hergestellt in Deutschland: OneK+ von Chronos Vision. Eine Kamera filmt das Auge, erkennt die Pupille und trackt die Bewegungen – bis zu 1.000 mal in der Sekunde.

© David Kevitch/istock.com

© Chronos Vision GmbH

© Chronos Vision GmbH

Die Technik sollte ursprünglich helfen, die Ursachen der „Reisekrankheit“, an der viele Astronautinnen und Astronauten im Weltall leiden und die auch „Raumkrankheit“ genannt wird, besser zu verstehen. Betroffenen ist schwindelig, wegen der Schwere­losigkeit ist der Gleichgewichtssinn gestört.

Über die Bewegungen des Auges lässt sich erkennen, wie gut der Gleichgewichtssinn funktioniert und wie er sich auf die Schwerelosigkeit einstellt. Um die Bewegungen der Augen zu tracken, wurde mit der Charité Berlin das 3D Eye Tracking Device für den Einsatz an Bord der Internationalen Raumstation entwickelt. Die Augen-Tracking-Technik wird heute nicht nur in der Augenmedizin eingesetzt.

Diagnose von Gleichgewichtsstörungen: Migräne? Infektionen? Tumore? Nervenstörungen?
Das C-ETD von Chronos Vision unterstützt die Ärzte und Ärztinnen bei der Diagnose.

© Chronos Vision GmbH

Wahrnehmungsforschung: Ein weiteres Spin-off der Weltraumforschung ist der Video Oculograph von der deutschen Firma SMI – eine Augenkamera. Er wird in der Usability-Forschung verwendet (ist ein Flugzeugcockpit oder Autoinnenraum ablenkungsarm gestaltet) …

© SensoMotoric Instruments, www.smivision.com

… oder in der Marktforschung (was nehmen Konsumierende besonders stark wahr), …

© SensoMotoric Instruments, www.smivision.com

… im Sport (zur Verbesserung der Hand-Augen-Koordination) …

© SensoMotoric Instruments, www.smivision.com

… und in der Hirnforschung.

© Wikipedia/Jens Maus

Raumkrankheit: wenn der Gleich­gewichts­sinn und die Augen aus dem Takt kommen

Der menschliche Körper und damit auch der Gleichgewichtssinn sind an Schwerkraft gewöhnt. Fehlt die Schwerkraft, kommt auch der Gleichgewichtssinn aus dem Tritt. Deshalb leidet rund die Hälfte aller Astronautinnen und Astronauten in den ersten 3 Tagen im All an Schwindelgefühlen.

Dagegen helfen zwar die auf der Erde üblichen Medikamente gegen Reisekrankheit, aber die machen oft müde – beim vollen Terminplan der Astronautinnen und Astronauten ist das nicht so gut. Deshalb wird seit vielen Jahren nach den Ursachen der Raumkrankheit geforscht, um das Problem ohne Medikamente in den Griff zu bekommen.

Augen und Gleich­gewichts­sinn sind evolutionsbedingt eng gekoppelt: Das Gehirn wertet die Signale aus, die Augen, Muskeln, Haut und vor allem das Gleich­gewichts­organ im Innenohr liefern. Die Annahme: Wenn die Augen Informationen liefern, die denen des Innenohrs widersprechen, ist das Gleichgewicht gestört – es wird einem schwindelig. Aber wie stark sind welche Sinnesorgane des Körpers beim Stabilisieren des Gleich­gewichts­sinns beteiligt? Und welchen Anteil hat das Auge daran? Wie verändert sich das interne Koordinatensystem, das von Augen und Gleichgewichtsorgan ermittelt wird, wenn in der Schwerelosigkeit die Schwerkraft-„Sensoren“ der Otolithen im Innenohr keine richtigen Signale mehr liefern – und die Augen die Welt trotzdem in „oben“ und „unten“ einteilen?

Das deutsche 3D-ETD für die ISS

Um das Gleichgewichtssystem zu erforschen, müssen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Augenbewegungen tracken. Bereits in den Neunzigerjahren begann die Entwicklung von Systemen zur Messung der Augenbewegungen. Für die Anwendung auf der ISS wurde eine völlig neue Generation dieser Geräte entwickelt, das sogenannte 3D-ETD (dreidimensionales Eye Tracking Device).

© Roskosmos

In 2 Experimentserien der Charité Berlin wurde diese Technologie zwischen 2004 und 2012 auf der ISS eingesetzt und erbrachte völlig neue Befunde über das Funktionieren des Gleichgewichtssystems sowie über die Steuerung der Augenbewegungen.

Das Ergebnis:

Die Schwerkraft-Detektoren im Innenohr sind extrem wichtig

Die Analyse der Augenbewegungen machte deutlich, dass das zentrale Nervensystem sich auf die Schwerkraft-Signale aus dem Innenohr verlässt – nicht nur für die Balance, sondern auch für die Orientierung im Raum und die Koordination von Bewegungen. Wenn die Schwerkraft fehlt, kann der Körper dies nicht auf Anhieb kompensieren.

Rechts- oder Linkshänder?
Beim Gleichgewicht gibt es etwas Ähnliches.

Der Mensch hat ja zwei Innenohren. Eines von beiden übernimmt die Hauptrolle, so ähnlich wie bei Links- oder Rechtshändigkeit. Also ist jeder von uns auch entweder rechtslastig oder linkslastig, was das Gleichgewicht betrifft. Auch das ist ein Forschungsergebnis aus der Raumfahrt.

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